Corona-Virus | Homeoffice, Kinderbetreuung und Zwangsferien

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Die Coronavirus-Pandemie beeinträchtigt uns weiterhin bei der Arbeit und im Alltag. Aufgrund der mit dem Coronavirus zusammenhängenden rechtlichen Fragen tauchen Viele Informationen im Internet auf. Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass es sich dabei um allgemeine Informationen handelt, welche eine rechtliche Einschätzung des konkreten Einzelfalles nicht ersetzen. Beispielsweise gelten für Angestellte Im öffentlichen Arbeitsverhältnis oft andere, kantonal unterschiedliche Regeln, welche von den nachfolgenden Ausführungen abweichen können. Abweichende Regeln können sich auch aus den einzelnen Verträgen, insbesondere aus Gesamtarbeitsverträgen ergeben, sodass stets eine individuelle Prüfung notwendig ist.

1. Habe ich Anspruch auf Homeoffice?

Aufgrund von Art. 328 OR besteht eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Demnach hat er alles zu unternehmen, damit die Möglichkeit einer Ansteckung möglichst gering gehalten wird. Den Arbeitgebern wird geraten, ihren Arbeitnehmern soweit möglich eine Homeoffice-Lösung anzubieten. Grundsätzlich hat weder der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Homeoffice, noch kann der Arbeitgeber ohne vorgehende arbeitsvertragliche Regelung einseitig Homeoffice anweisen. Mit der am 16. März 2020 erlassenen Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus wird festgelegt, dass besonders gefährdete Personen die Arbeit soweit möglich von zu Hause aus erledigen sollen oder vom Arbeitgeber unter Lohnfortzahlung beurlaubt werden müssen (Art. 10c Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2). Als besonders gefährdeten Personen gelten Personen ab 65 Jahren und Personen, die insbesondere folgende Erkrankungen aufweisen: Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen, und Krebs (Art. 10b Abs. 2 COVID-19-Verordnung 2).

Sollte Homeoffice in Frage kommen, obliegt dem Arbeitgeber die Pflicht, dem Arbeitnehmer das Arbeitsmaterial zur Verfügung zu stellen oder den Arbeitnehmer für die Nutzung des privaten Materials angemessen zu entschädigen. Auslagen für Verbrauchsmaterial sind zu ersetzen. 0b eine Entschädigung für die Nutzung der eigenen Wohnung sowie des eigenen Computers aufgrund der aktuellen Situation unter Berücksichtigung der Treuepflicht des Arbeitnehmers angemessen ist, kann nicht allgemein beurteilt werden, sondern ist einzelfallabhängig. Wichtig ist, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber bereits vorgängig (möglichst schriftlich) über die Umsetzungen des Homeoffice absprechen, um nachträgliche arbeitsrechtliche Forderungen (Ersatz für Kosten, Auslagen, Einsparungen etc.) zu vermeiden. Zu erwähnen ist, dass auch im Homeoffice geltende Datenschutzbestimmungen berücksichtigt werden müssen.

2. Kann der Arbeitgeber zwangsweise Ferien anordnen?

Grundsätzlich entscheidet der Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Ferienbezugs, wobei die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. Dem Arbeitnehmer muss aber in jedem Fall genügend Vorlaufzeit gegeben werden, um die Ferien planen zu können. Die Rechtsprechung geht grundsätzlich von einer dreimonatigen Ankündigungsfrist aus. Aufgrund der aussergewöhnlichen Situation rechtfertigt sich unseres Erachtens zur Zeit eine deutlich kürzere Ankündigungsfrist. Insbesondere, wenn das Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten steckt, sollten gemeinsame Lösungen angestrebt werden, um Kündigungen zu verhindern.

Bereits angekündigte Ferien müssen auch gegen den Willen des Arbeitnehmers bezogen werden. Hingegen kann unter Umständen der Arbeitgeber dazu befugt sein, die bereits geplanten Ferien auch gegen den Willen des Arbeitnehmers zu verschieben. Eine solche Verschiebung wird momentan vor allem Arbeitnehmer im Gesundheitssektor oder in der Lebensmittelbranche betreffen. Die momentane Ausnahmesituation rechtfertigt entsprechende Weisungen. Normalerweise ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Verschiebung unverzüglich mitzuteilen und den daraus entstandenen Schaden (Stornierungs- und Umbuchungskosten, etc.) zu ersetzen. 0b in der momentanen Situation Schadenersatz verlangt werden kann, ist im Einzelfall abzuklären.

Einige Arbeitgeber sehen aufgrund der aktuellen Lage Betriebsferien vor. Finden diese zu einem ausserordentlichen Zeitpunkt statt, spricht man auch von Zwangsferien. Sollte das Unternehmen bei Weiterführung des Betriebs in ernsthafte Schwierigkeiten gelangen, so müssen die so angeordneten Zwangsferien von den Arbeitnehmern akzeptiert werden. Weitere Möglichkeiten, der flauen Auftragslage zu begegnen, sind Kurzarbeit und unbezahlter Urlaub.

Eine Weisung zum Abbau von angesammelten Überstunden und Überzeit im Pandemiefall ist nur beschränkt möglich. Der Abbau von Überstunden hängt vom Einverständnis des Arbeitnehmers ab. Üblicherweise wir dieses Einverständnis im Arbeitsvertrag oder einem vertraglichen Reglement festgehalten. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne dessen Einwilligung nicht zwingen, Überstunden zu kompensieren. Die momentane Ausnahmesituation rechtfertigt möglicherweise eine Abweichung von diesem Grundsatz.

3. Darf ich wegen der Kinderbetreuung zu Hause bleiben?

Gestützt auf Art. 324a OR ist Lohn für eine beschränkte Zeit weiterhin geschuldet, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, an der Arbeitsleistung verhindert wird. Dies kann unter Umständen auch für die notwendige Kinderbetreuung gelten. Zu unterscheiden ist vorliegend jedoch, ob die Betreuung notwendig ist, weil das Kind erkrankt ist oder ob die Betreuung aufgrund der Schulschliessung erfolgt.

Die Betreuung eines erkrankten Kindes fällt unter Art. 324a OR, womit eine beschränkte Lohnfortzahlungspflicht besteht. Grundsätzlich ist eine notfallmässige Betreuung in den ersten drei Tagen angemessen. Anschliessend muss eine Lösung gefunden werden.

Im Falle der betrieblichen Schliessung der Schulen zur Verhinderung der Ausbreitung eines Virus entschied im Jahr 2010 das Zürcher Arbeitsgericht in einem inzwischen viel zitierten Fall hingegen, dass kein Fall von persönlicher Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers vorliege und deshalb keine Lohnfortzahlung geschuldet sei. Ein höchstrichterlicher Entscheid liegt noch nicht vor. Auch ob sich aufgrund der aussergewöhnlichen Situation ein Anspruch auf kurzfristige Arbeitsbefreiung zumindest für eine kurze Zeit nach Art. 329 Abs. 3 OR oder aufgrund der gesetzlichen Betreuungspflicht nach Art. 276 ZGB rechtfertigt, wurde bisher durch die Rechtsprechung nicht geklärt. Diverse Autoren sowie das SECO (Stand 11. März 2020) gehen im vorliegenden Fall davon aus, dass ein Arbeitnehmer zumindest drei Tage zu Hause bleiben darf, um die Betreuung sicherzustellen, wenn die Schulen auf behördliche Anweisung geschlossen werden. Wie die Gerichte im vorliegenden, um einiges gravierenderen Fall entscheiden würden, ist ungewiss und hängt vom Einzelfall ab (Alter der Kinder, etc.).

In diesem Zusammenhang gilt es darauf hinzuweisen, dass die Kinderbetreuung eine gesetzliche Pflicht ist, die Vater und Mutter der Kinder betrifft. Daher müssen beide Eltern ihren Teil zur Bewältigung der Situation beitragen, können aber auch beide ihren Anspruch auf die nötigen freien Tage zur Organisation der Kinderbetreuung beim jeweiligen Arbeitgeber geltend machen.

4. Wo kann ich mich über den aktuellen Stand informieren

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) informiert auf seiner Website fortlaufend über die Situation. Für arbeitsrechtliche Fragen hilft auch das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) weiter. Bei Fragen zum Einzelfall stehen die Arbeitsrechtsexperten von Legal Partners Zürich gerne jederzeit zur Verfügung.