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Konkubinat und Kinder – Was Sie wissen sollten

18. Mai 2020

Rechtsanwälte und Partner bei Legal Partners Zurich

MLaw Roland Graf | Dr. iur. Seraina Denoth, LL.M. | M.A. HSG Martina Wiegers | Dr. iur. Flurina Hitz

Immer mehr Paare entscheiden sich dafür, unverheiratet, d.h. im Konkubinat zusammen zu leben und gemeinsame Kinder zu haben. Nachfolgend werden die wichtigsten Fragen rund um das Thema Kinder von Konkubinatspaaren beantwortet.

1. Was sollten Konkubinatspaare bei der Geburt eines Kindes als erstes regeln?

Bei Konkubinatspaaren ist der wichtigste und erste Schritt bei der Geburt eines Kindes die Anerkennung der Vaterschaft. Erst mit diesem Schritt entsteht bei einem Konkubinatspaar rechtlich das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Vater und Kind (Art. 252 ZGB) und in der Folge eine Unterhaltspflicht des Vaters.

Die Anerkennung kann vor oder nach der Geburt erfolgen. Sie begründet das Kindsver-hältnis rückwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt.

2. Bei welcher Behörde kann die Vaterschaftsanerkennung abgegeben werden?
Schweizerische Staatsangehörige können die Vaterschaftsanerkennung bei jedem beliebigen Zivilstandsamt in der Schweiz anmelden.

Ausländische Staatsangehörige haben für die Anmeldung der Vaterschaftsanerkennung folgende Optionen:

a) Zivilstandsamt am Geburtsort des Kindes (nach der Geburt)

b) Zivilstandsamt am Wohnsitz der Mutter oder des Vaters

c) Schweizer Heimatort der Mutter oder des Vaters

 

3. Gilt eine im Ausland erfolgte Kindsanerkennung in der Schweiz?
Eine im Ausland erfolgte Anerkennung wird in der Schweiz anerkannt, wenn sie nach dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes, dem Wohnsitzrecht eines Elternteils oder dem Heimatrecht eines der drei Beteiligten wirksam ist.

4. Der neue Lebenspartner einer noch verheirateten Frau will die Vaterschaft anerkennen. Was ist zu beachten?
Wenn die Mutter des Kindes verheiratet ist, gilt nach der Geburt rechtlich zunächst der Ehemann als Vater des Kindes. Bevor die Anerkennung durch den leiblichen Vater erfolgen kann, muss ein Gericht die Vaterschaft des Ehemannes aufheben. Hierzu ist die Rücksprache mit einem Anwalt zu empfehlen.

5. Wo kann die gemeinsame elterliche Sorge beantragt werden?
Die Erklärung über die gemeinsame elterliche Sorge kann zusammen mit der Vaterschaftsanerkennung beim Zivilstandsamt abgegeben werden. Danach ist die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) zu-ständig.

6. Was sind Erziehungsgutschriften und wer erhält diese?
Gemeinsam mit der Erklärung über die gemeinsame elterliche Sorge können die Eltern eine Vereinbarung über die Erziehungsgutschriften treffen.

Die Erziehungsgutschriften können entweder hälftig geteilt werden oder einem Elternteil zu 100% zugewiesen werden.

Die Erziehungsgutschriften berücksichtigen bei der Berechnung der Altersrente die Einkommenseinbusse, die ein Elternteil infolge der Betreuung der Kinder unter Umständen verzeichnet. Es sind Zuschläge zum Erwerbseinkommen. Diese Gutschriften sind jedoch keine Geldzahlungen, sondern fiktive Einkommen, die erst bei der späteren Rentenabrechnung berücksichtigt werden.

Für jedes Jahr, in dem die oder der Versicherte ein oder mehrere Kinder unter 16 Jahren betreut, rechnet die Ausgleichskasse eine Erziehungsgutschrift an. Es handelt sich um einen fixen Betrag in der Höhe der dreifachen jährlichen Minimalrente im Jahr der Pensionierung – im Jahr 2020 sind das CHF 42'660.00. Diese Aufstockung des AHV-Guthabens hat eine Erhöhung der Rente zum Ziel – jedoch höchstens bis zur im Jahr der Pensionierung aktuellen Maximalrente. Dieser jährliche Betrag wird durch die Anzahl Beitragsjahre geteilt. Um die Höhe der Altersrente zu berechnen, zählt die Ausgleichskasse die Erziehungsgutschriften zum Erwerbseinkommen. Während der Ehe erhalten beide Partner die halbe Erziehungsgutschrift. Für geschiedene oder nicht miteinander verheiratete Eltern gelten besondere Bestimmungen.

Berechnungsbeispiel: Mara ist getrennt, alleinerziehend und wird 2031 in Pension gehen. Ihre zwei Kinder liegen fünf Jahre auseinander und sind heute 20 und 25 Jahre alt.

Erziehungsgutschrift berechnen
Erziehungsjahre (16) + Altersabstand der Kinder (21) = Total Erziehungsjahre (21)
Total Erziehungsjahre (21) x dreifache Minimalrente (CHF 42’660.00) / Beitragsjahre (43) = Erziehungsgutschriften (CHF 20’834.00)
Erziehungsgutschriften (CHF 20’834.00) + Durchschnittliches Einkommen (CHF 35’490.00) = Total Einkommen zur Berechnung der Rente (CHF 56’324.00)

7. Wer kommt in welchem Umfang für den Unterhalt auf?
Die Eltern sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt des Kindes und tragen insbesondere die Kosten von Betreuung, Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen (Art. 276 ff. ZGB).

8. Sind Konkubinatspaare rechtlich verpflichtet einen Unterhaltsvertrag abzuschliessen?
Nein. Seit dem 1. Juli 2014 ist ein Unterhaltsvertrag für die Erteilung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht mehr Voraussetzung und somit nicht mehr zwingend. Die Regelung des Unterhalts wird in erster Linie Eltern empfohlen, die bei der Geburt des Kindes nicht zusammenleben.

Bei Konkubinatspaaren die zusammenleben, wird der Unterhalt in der Regel erst bei der Trennung und bei Uneinigkeit vom Gericht festgelegt. Zur Festlegung des Kinderunterhalts werden die im Trennungszeitpunkt aktuellen Einkommens- und Vermögensver-hältnisse sowie die Betreuungssituation betrachtet.

9. Muss der Unterhaltsvertrag genehmigt werden?
Ja, der Unterhaltsvertrag stellt ein genehmigungspflichtiges familienrechtliches Rechtsgeschäft dar. Damit der Unterhaltsvertrag für das Kind Verbindlichkeit erlangt, bedarf er der Genehmigung durch die KESB oder – falls der Unterhaltsvertrag im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens abgeschlossen wird – durch das zuständige Gericht.

10. Welcher Elternteil hat Anspruch auf Familienzulagen?
Ohne gemeinsame elterliche Sorge stehen die Familienzulagen automatisch der Mutter zu. Ansonsten gilt für die Frage, welcher Elternteil die Familienzulagen bezieht, die von der SVA entwickelte Anspruchskonkurrenz (Dokument abrufbar unter: https://www.ahv-iv.ch/p/6.08.d).

11. Wessen Nachnamen erhält das Kind?
Das Kind erhält den Ledignamen desjenigen Elternteils, der die elterliche Sorge innehat. Teilen sich die Eltern die elterliche Sorge, so bestimmen sie gemeinsam, welchen ihrer Ledignamen das Kind tragen soll.

12. Weitergehende Beratung
Sollten Sie Fragen zum Einzelfall haben oder eine Beratung benötigen, so stehen die Experten von Legal Partners Zurich Ihnen gerne bei der Ausarbeitung eines Konkubinatsvertrags, konkreten Unterhaltsberechnungen oder bei der Beantwortung von spezifischen Fragen betreffend Ihrer Familiensituation zur Verfügung.